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Versicherungen: Teuer und nutzlos?

Erst brannte der Betrieb nieder, dann weigerte sich die Versicherung, den vollen Schaden zu übernehmen.

Beitrag in der Zeitung "Norddeutsches Handwerk" vom Juni 2008

Von Jörg Wiebking

Gaby Köninger ist erschöpft und auch ihrem Mann Thomas Kronika steht die Belastung ins Gesicht geschrieben: Ein Brand vernichtete ihre "Eggenroter Bäckerei Müller" in Ellwangen. Seitdem kämpfen die beiden um ihre Existenz. "Gebrannt hat es schon im November 2006, aber unsere Feuerversicherung, die R+V, hat den Schaden bis heute nicht voll übernommen", sagt Kronika. Die R+V werfe den Eheleuten vor, dass sie Papier und Pappe viel zu hoch gelagert und so das Feuer begünstigt hätten, berichtet Kronika. Das wird von der R+V im Wesentlichen bestätigt: Die Bäckerei habe eine Obliegenheitspflicht verletzt, sagt R+V-Sprecherin Stefanie Simon: "Versicherungskunden müssen gewisse Sicherheitsvorschriften einhalten, in diesem Fall wurde brennbares Material an einem Platz gelagert, an dem es nicht hätte gelagert werden dürfen."

Kronika widerspricht: "Die Pappen im Erdgeschoss wurden bereits Stunden vor dem Brand abtransportiert, dafür gibt es ein halbes Dutzend Zeugen." Außerdem sei das Feuer im Dachgeschoss entstanden - durch einen Kurzschluss. Der Schaden betrug 440.000 Euro. 182.000 habe die R+V nach knapp einem Jahr gezahlt. Auf die restlichen 258.000 Euro wartete das Ehepaar vergeblich. In einer Güteverhandlung näherten sich die Parteien zwar an, doch irgendwann lag das letzte Angebot der R+V auf dem Tisch: eine weitere Zahlung über 110.000 Euro. Die Bäcker wollten aber 142.000 Euro, "um wenigstens den größten Schaden zu decken", sagt Kronika. Zu viel, für die R+V: "Ein Vergleich beinhaltet, dass sich beide Parteien bewegen, wir waren dazu bereit, aber die Gegenseite nicht," berichtet Stefanie Simon von der R+V. Kronika sieht das etwas anders: "Es ist nicht in Ordnung, dass ein milliardenschweres Unternehmen so mit uns umgeht. Wir haben keinen Fehler gemacht." Es stellt sich die Frage, warum die R+V überhaupt vergleichsbereit ist: "Das ist reiner Pragmatismus", sagt Simon, "unser Gutachten hat bestätigt, dass dort dieses Material lagerte, aber es bleibt die Frage, was am Ende beweisbar ist und vor Gericht Bestand hat."

"Verzögern, verschleppen und verweigern fällige Leistungen"
Für Jürgen Hennemann, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Buchholz, ist das keine Frage von Pragmatismus: "Sobald es um substanzielle Schäden geht, brechen Versicherungen systematisch Verträge und verzögern, verschleppen und verweigern fällige Leistungen". Das gelte für viele Anbieter, auch für die R+V, gegen die Hennemann die Bäckerei Müller vertritt.

Die Kritik will die R+V indes nicht auf sich sitzen lassen: "Wir stehen zu unseren vertraglichen Verpflichtungen", betont Sprecherin Simon. Die R+V habe in den Jahren 2006 wie auch 2007 bei jeweils einer Million gemeldeter Schäden zwei Milliarden Euro ausgezahlt, "das sind nicht nur Kleckerbeträge".
Stress mit Versicherungen melden allerdings auch andere, wie Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg berichtet. "Wir haben immer mehr Beschwerden. Das zieht sich durch alle Versicherungen. Auch die Klagen nehmen nach unserer Beobachtung zu." Versicherer würden immer schneller Fahrlässigkeit anführen, "um nicht oder nur einen Teil zahlen zu müssen".

Vorsicht, wenn der Außenregulierer kommt
Keinesfalls sollten sich Versicherungskunden auf ihren "guten Draht" zum Versicherungsvertreter verlassen, rät der Anwalt Hennemann. "Die tauchen ganz schnell ab, wenn es um größere Summen geht". Stattdessen stünden plötzlich die sogenannten Außenregulierer vor der Tür. Die kommen vor allem, um mögliche Widersprüche und Ausschlussgründe zu finden. "Die sind ein ganz anderes Kaliber." Kooperieren müssten Versicherte zwar mit diesen Mitarbeitern. "Aber es gibt keinen Grund, sofort etwas zu unterschreiben. Vorher sollten sich Betroffene mit ihrem Anwalt beraten."

Wer bei einem existenziellen Schaden nichts anbrennen lassen will, sollte gar nicht erst auf die Außenregulierer warten, sondern schnellstens für Waffengleichheit sorgen, rät Rudnik: Privatkunden könnten sich an Verbraucherzentralen oder den BdV wenden. Geht es jedoch um viel Geld oder um einen betrieblichen Schaden, sollten sich Versicherte stets einen eigenen Gutachter und einen Fachanwalt für Versicherungsrecht suchen. So stünden die Chancen wesentlich besser, nach einem Versicherungsschaden nicht gleich erneut zum Opfer zu werden.